Final Call für Familienstiftungen und kirchliche Stiftungen

19.10.2020

Familienstiftungen und kirchliche Stiftungen haben noch bis am 31. Dezember 2020 Zeit, sich ins Handelsregister eintragen zu lassen. Bis Ende 2015 waren solche Stiftungen von der Handelsregistereintragung befreit. Seit dem 1. Januar 2016 gilt die Eintragungspflicht für sämtliche privatrechtlichen Stiftungen, wobei den bestehenden Familienstiftungen und den kirchlichen Stiftungen eine Übergangsfrist von 5 Jahren bis Ende 2020 eingeräumt wurde.

Für die fristgerechte Anmeldung beim Handelsregisteramt ist der Stiftungsrat zuständig. Vor dem 1. Januar 2016 errichtete Familienstiftungen und kirchliche Stiftungen, die Ende 2020 nicht im Handelsregister eingetragen sind, verlieren zwar grundsätzlich nicht automatisch ihre Rechtspersönlichkeit. Es droht aber ein Verfahren zur Eintragung von Amtes wegen sowie allenfalls strafrechtliche Sanktionen und Haftungsansprüche gegen den säumigen Stiftungsrat.

Die Neuerungen gehen auf eine Anpassung von Artikel 52 des Schweizer Zivilgesetzbuchs (ZGB) zurück, welche aufgrund der Empfehlungen der Groupe d'Action Financière (GAFI) zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung erfolgt war.

Nachfolgend wird der Fokus auf Familienstiftungen gelegt. Für diese gilt neu auch eine umfassende Buchführungspflicht, blosse "Milchbüchleinrechnungen" sind nicht mehr zulässig. Hingegen bleiben Familienstiftungen im Gegensatz zu klassischen Stiftungen und Vorsorgestiftungen weiterhin von einer staatlichen Aufsicht befreit und müssen auch keine Revisionsstelle bezeichnen.

1. Begriff der Familienstiftung

Familienstiftungen sind Stiftungen, deren Vermögen an eine Familie gebunden ist. Ob eine Familienstiftung vorliegt, ist durch Auslegung der Stiftungsurkunde zu beurteilen. Massgeblich sind dabei die Zweckbestimmung und die begünstigten Personen. Eine Familienstiftung charakterisiert sich dadurch, dass die Begünstigten primär Angehörige einer bestimmten Familie sind. Selbst wenn die Stiftungsurkunde vorsieht, dass im Falle des Aussterbens der Familie gemeinnützige Zwecke verfolgt werden, ändert dies nichts am Charakter als Familienstiftung. Ebenfalls nicht ausschlaggebend ist die Bezeichnung durch den Stifter bzw. das Fehlen einer Bezeichnung als Familienstiftung.

2. Problembereiche

Familienstiftungen unterstehen den Vorschriften von Art. 335 Abs. 1 ZGB und dürfen demnach nur für die Bestreitung der Kosten der Erziehung, Ausstattung oder Unterstützung von Familienangehörigen oder zu ähnlichen Zwecken errichtet werden. Das Bundesgericht legt das Gesetz eng aus und beurteilt die zulässigen Zwecke streng. Verboten sind nach geltendem Recht namentlich so genannte Unterhaltsstiftungen, d.h. Stiftungen bei denen Begünstigungen "einfach so" erfolgen, ohne dass eine besondere Bedarfssituation gemäss den gesetzlichen Bestimmungen vorliegt. Mithin ist es beispielsweise nicht zulässig, Familienangehörigen das Stiftungsvermögen sowie Erträge oder andere Vorteile daraus zukommen zu lassen, um ihnen eine höhere Lebenshaltung zu gestatten.

Hinzuweisen ist auch auf das Verbot der Errichtung von so genannten Familienfideikommissen (Art. 335 Abs. 2 ZGB). Dabei handelt es sich um Vermögen ohne Rechtspersönlichkeit (z.B. Liegenschaften), welche gemäss einer festgelegten Ordnung über mehrere Generationen innerhalb einer Familie weitergegeben werden sollen. Vom Verbot nicht betroffen sind vor der Einführung des ZGB im Jahre 1912 errichtete Fideikommisse, welche weiterhin Bestand haben. Diese sind auch nach neuem Recht nicht im Handelsregister einzutragen.

Mit der neuen Eintragungspflicht für Familienstiftungen geht eine Prüfung der Stiftungsdokumente durch das Handelsregisteramt einher. Gelangt dieses zum Schluss, dass die Zwecksetzung widerrechtlich und die Stiftung entsprechend nichtig ist, wird die Eintragung ins Handelsregister verweigert. Wird die Stiftung als so genannte "gemischte" Stiftung und nicht als reine Familienstiftung qualifiziert, z.B. weil sie auch gemeinnützige Zwecke verfolgt, erfolgt eine Unterstellung unter die zuständige Aufsichtsbehörde.

3. Handlungsbedarf und Gestaltungsmöglichkeiten

Für Familienstiftungen und Vermögenskomplexe, welche rechtsgeschäftlich (mittels Urkunde, Vereinbarungen oder anderen schriftlich niedergelegten Willensäusserungen) mit einer Familie verbunden sind, stellen sich mit Blick auf die neue Eintragungspflicht von Familienstiftungen verschiedene Fragen, welche grundsätzlich vor einer Anmeldung zu klären sind.

Zunächst ist zu beurteilen, ob es sich überhaupt um eine Familienstiftung handelt oder ob lediglich eine stiftungsähnliche Gestaltung vorliegt, welche auch ohne Eintragung Bestand haben kann (z.B. weil es sich um ein vor 1912 entstandenes Familienfideikommiss handelt).

Ergibt die Auslegung der Dokumente, dass eine Stiftung vorliegt, ist aufgrund der strengen bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu den gemäss Art. 335 Abs. 1 ZGB zulässigen Zwecken zu prüfen, ob diese als Familienstiftung eintragungsfähig ist. Sodann sollte geprüft werden, welche zusätzlichen Massnahmen erforderlich und zulässig sind, wie z.B. die Anpassung von Statuten, der Erlass oder die Ergänzung von Reglementen oder sogar die Auflösung der Stiftung unter richterlicher Mitwirkung. So kann es mit Blick auf die Öffentlichkeit des Handelsregisters aus Gründen des Vertraulichkeitsschutzes etwa angezeigt sein, den Namen der Stiftung im Hinblick auf die Eintragung zu ändern sowie persönliche Daten oder vertrauliche Informationen und Familieninterna aus öffentlich zugänglichen Dokumenten zu entfernen. Auch die steuerrechtliche Behandlung der Stiftung sollte vor der Eintragung gegebenenfalls geprüft werden.

 

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